Bordeaux Primeurs 2019 – ein unvergesslicher Jahrgang
Es gibt feste Termine im Bordeaux-Jahreskalender, an denen ist nicht zu rütteln. Eigentlich. Denn die Corona-Pandemie bringt so manches durcheinander. So herrschte zur Zeit der Primeurs-Verkostung, der „Semaine des Primeurs”, die von der Union des Grands Crus de Bordeaux traditionell Ende März oder Anfang April in Bordeaux organisiert wird, in Frankreich noch die Ausgangssperre.
Die Primeurs sind eine tragende Säule im Bordeaux-System und stellen die Weichen für den Verkauf der Bordeaux-Weine. Jährlich kommen 5.000 bis 6.000 Weinprofis aus aller Welt nach Bordeaux, um den aktuellen Jahrgang in Form von Fassweinproben zu verkosten.
Im Jahr 2020 war also Kreativität gefragt, damit Weinfachleute aus aller Welt die Weine in ihrer Nähe verkosten konnten. Im Juni tourten die Primeurs durch alle Welt. Stationen waren neben Bordeaux unter anderem Hong-Kong, Tokio, Zürich, Brüssel, Paris, Shanghai sowie Frankfurt. Unter Einhaltung der geltenden Hygiene- und Sicherheitsvorschriften wurden die Verkostungen sehr geschätzt und gut besucht.
Es heißt, Jahrgängen mit Endziffer 9 läge eine besondere Magie inne und sie gelängen oft gut bis sehr gut. Ist das auch beim 2019er Jahrgang der Fall?
Das sagen die Verkoster:
Markus Del Monego, Sommelier Weltmeister 1998 und Master of Wine: „2019 ist ein faszinierender Jahrgang. Qualitativ auf Augenhöhe mit dem legendären 2018er – wenn auch regional leicht heterogener –, zeigt er mehr Frische aufgrund einer reifen Säure, die ein etwas größeres Entwicklungspotential vermuten lässt.“
Gerhild Burkard, Weinexpertin und Turtorin an der Ecole du Vin de Bordeaux: „Die Primeurs -ob weiß oder rot- überzeugten mich durch ihre hervorragende Qualität. Mehrheitlich waren sie ausgewogen, zeigten in ihrer Jugendlichkeit eine gute Säure- und Tanninstruktur und sehr gutes Reifepotential. Dies gilt nicht nur für die namhaften Châteaus, sondern vor allem auch für die Satelliten des rechten Ufers und die Côtes Weine. Ein sehr gutes Preis- und Genusserlebnis ist bei so manchem Château garantiert. Auch die ca. 15 zertifizierten Bioweine sprechen dafür, dass die Nachhaltigkeit zunehmend auch in der Weinproduktion in Bordeaux Einzug gehalten hat. Der Jahrgang 2019 zählt bereits jetzt für mich zu einem der exzellenten Topjahrgänge, den sich Weinliebhaber für ihre Keller sichern sollten.“
Michael d’Aprile, Sommelier, Getränke Preuss- Münchhagen GmbH, Berlin: „Ein von wunderbar frischer und lebendiger Säure getragener Jahrgang. Bei den Roten überzeugte die intensive Beerenfrucht am linken Ufer, besonders das Margaux hat eine großartige Balance gefunden. Am rechten Ufer zeigen das Saint-Émilion und das Pomerol reife Frucht und intensive dunkle Aromen mit Kräuterwürze. Dank der stoffigen Struktur verbunden mit knackiger Säure, dürfen wir uns auf einen harmonischen Jahrgang mit großem Potential freuen.“
Ausblick auf den Jahrgang 2020
Kaum reifen die 2019er Weine, fragen wir uns gespannt: Wie wird der Jahrgang 2020? In jedem Fall wird es ein äußerst frühreifer Jahrgang, sowohl in Bordeaux als auch in ganz Frankreich.
Ein milder Winter, frühsommerliche Temperaturen im März sowie nur vereinzelte Frühjahrsfröste ließen die Weinreben sich schon früh entwickeln. Die Blüte erfolgte extrem schnell. Und ein aktueller Blick auf die Weintrauben lässt die Bordeaux-Winzer schon jetzt einen Lesezeitpunkt erwarten, der ähnlich früh ausfallen könnte wie der im Jahrgang 1997. Das war damals der früheste seit den Aufzeichnungen ab dem Jahr 1893! Viele Châteaus und Genossenschaften organisieren bereits die Einsatzplanung ihrer Erntehelfer um. So wird die Weinlese für die Crémants de Bordeaux bereits ab dem 10. August erwartet.
Jetzt, in den Sommermonaten, gilt es, die wertvolle Frucht an den Rebstöcken vor Sonne und Hitze zu schützen, aber auch vor Parasiten. Ein heikler Zeitraum für die zukünftige Ernte, den die Bordeaux-Winzer aber mit ihrem altüberlieferten Know-how und modernsten Techniken gekonnt meistern.