Betreutes Trinken: Der Sommelier für zu Hause
Sommeliers, also Weinexperten, kennen die meisten wahrscheinlich von guten Restaurants, oder dem Weinhändler von nebenan. In Hamburg gibt es allerdings seit kurzem auch einen Sommelier, der zu euch nach Hause kommt und euch dort nicht nur die angesagtesten Weine verkosten lässt, sondern auch allerhand Wissen über deren Herkunft, Herstellung und sonstige Insiderkenntnisse mit euch teilt. Die Rede ist von Jonathan Seipp, der seit 2017 unter dem Namen „Betreutes Trinken“ eben dieses anbietet. Wir fanden das natürlich spannend und haben ihn deswegen zum Lunch getroffen.
Es ist an einem Donnerstag, pünktlich um 12, dass wir Jonathan im Carls an der Elbphilarmonie antreffen. Den Laden schlug er selnst vor, da man hier nicht nur gut Mittag essen, sondern auch eine gute Auswahl an Bordeauxweinen vorfindet. Schnell entscheiden wir uns für ein klassisches Entrecôte mit Pommes und einem Saint Émilion Rotwein. Jonathan erzählt, wie er zum Wein kam und anschließend daran, dazu, die klassische Weinverkostung in Hamburgs Wohnzimmer zu verlegen.
Jonathan, wie bist du überhaupt zu einer Laufbahn als Sommelier gekommen?
Ich habe schon immer nebenher in der Gastronomie gejobbt, in Clubs, Bars und bei Personaldienstleistern um mir mein Studium zu finanzieren. Bis mir irgendwann einer meiner Chefs vorschlug doch einfach mal eine richtige Ausbildung zu machen, ich würde ja eh mehr arbeiten als studieren. Das habe ich dann auch gemacht.
Ursprünglich wollte ich nach meiner klassischen Ausbildung zum Hotelfachmann eigentlich Barkeeper werden, das kannte ich ja schon. Wein war vorher für mich kein großes Thema. Das hat sich während der Ausbildung schnell geändert und es stand für mich gegen Ende ziemlich bald fest, dass ich in diese Richtung weiter machen wollte.
Wie kamst du auf die Idee Betreutes Trinken anzubieten?
Auf die Idee kam ich gar nicht selbst, sondern meine Frau. Immer mal wieder kamen Freunde und Bekannte auf mich zu und fragten ob ich nicht mal einen Weinabend bei ihnen machen könnte. Und nach meinem Abschied aus der Gastronomie kam die Idee das professionell anzubieten.
Wie stellt man sich einen Abend vor, nachdem man dich gebucht hat?
Die meisten Kunden buchen das Standardprogramm, bei dem ich sechs unterschiedliche Weine mitbringe. Die trinken wir nacheinander gemeinsam und reden darüber. Vor allem aber erkläre ich wie man Wein richtig verkostet um ihn beurteilen zu können und erzähle viel über Weinbau und –herstellung. Oft haben die Gäste viele spezielle Fragen, die dann in der Runde erörtert und diskutiert werden. Das Ganze dauert in der Regel circa drei Stunden.
Achso, ich bringe natürlich auch immer eine leckere Käseauswahl und Brot mit. Das gehört für mich einfach zu Wein dazu.
Wer ist deine Kundschaft?
Das ist sehr unterschiedlich. Die meisten Kunden sind um die 40, haben Kinder, wohnen mitten in Hamburg, sind sehr weininteressiert und wollen ihr Weinwissen endlich mal auf eine solide Basis stellen. Ich habe aber auch schon Sonntagmittag in Barmbek auf einem Flachdach ein Weintasting gemacht und auf St. Pauli in einer WG, das dann in eine spontane Party überging. Alles dabei.
Wo siehst du dich und Betreutes Trinken in 5 Jahren?
In der Zukunft wäre ein eigenes Ladengeschäft denkbar, mit Handel und Weinbar. Vielleicht wird das auch so groß, dass ich gar nicht mehr unbedingt selber die Weinabende mache, sondern andere Sommeliers dafür vermittle. Mal sehen, Ideen gibt es viele.
Was hälst du von Bordeaux als Weinbauregion?
Bordeaux steht wie kaum ein anderes Anbaugebiet in erster Linie für große elegante Rotweine. Spannend sind für mich aber vor allem die kleineren Chateaus mit ihrer Vielfalt und nicht zuletzt ihrem interessanten Preis-Leistungsverhältnis.
Welche Tipps kannst du uns in puncto Wein mit auf den Weg geben?
Locker machen! Das Thema Wein ist so groß und unübersichtlich, dass ein ganzes Leben nicht reicht um alles zu wissen.
Neugierig bleiben! Nur wer alles unvoreingenommen probiert, entdeckt neues und erweitert seinen Horizont.
Zeit lassen! Wein ist das Produkt von Klima, Boden, Rebe, Winzer und Zeit. All das sollte man beim Weintrinken und Kaufen beachten. Fast alle Weine profitieren von ein paar Jahren Reife. Die sollte man ihnen gönnen. Das Gleiche gilt fürs Karaffieren, so ziemlich jeder junge Rotwein wird nach einer Stunde in der Karaffe besser.
Wer gern mehr über Jonathan wissen will, oder ihn vielleicht sogar mal buchen möchte, findet mehr Information auf seiner Homepage, oder seinem Instagram.