Bordeaux 2020: Ein in vielerlei Hinsicht außergewöhnliches Jahr
2020 – ein Jahr, das auch in Bordeaux alle Akteure auf eine harte Probe stellte. Nicht nur die teilweise extremen Witterungsbedingungen erforderten höchsten Einsatz der Bordeaux-Winzer. Zugleich stand quasi das ganze Jahr unter dem Zeichen der Corona-Pandemie. Während des Lockdowns im Frühjahr hieß es, alle Arbeiten im Weinberg umzuorganisieren.
Die Vegetation der Reben verlief verfrüht, es folgte ein optimaler Spätsommer. Heiße Tage und kühle Nächte in der ersten Septemberhälfte förderten den Gesundheitszustand der Trauben und boten ideale Bedingungen für eine optimale önologische Reife zum Lesezeitpunkt.
Der Jahrgang 2020 präsentiert sich heute also unter den besten Voraussetzungen und lässt auf ausgezeichnete Weine hoffen. Hinsichtlich des Volumens dürfte die Ernte 2020 trotz einiger Unterschiede innerhalb der AOPs leicht unter dem Zehnjahresdurchschnitt von 5 Millionen Hektoliter liegen.
2020 kurz zusammengefasst:
• ein sehr milder Winter, ein unbeständiges Frühjahr (Hagel, Frost, Schnee, Überschwemmungen), Hitze während des Hochsommers und ein optimaler Spätsommer
• Sämtliche Wachstumsphasen der Rebe um knapp zwei Wochen verfrüht
• Eine zeitige Weinlese, die sich jedoch mehr und mehr in die Länge zog (von Mitte August bis Ende September)
• Vorbereitungen und die Lese selbst verliefen trotz notwendiger Corona-Sicherheitsmaßnahmen ruhig und professionell
So waren die Wetterbedingungen in den einzelnen Monaten
März
Sehr regnerisch, aber Temperaturen und Sonnenscheindauer entsprechen dem jahreszeitlichen Durchschnitt. Im Weinberg: Frankreich beschließt den Lockdown, die Weinreben wachsen und auch die Arbeit in den Weinbergen geht weiter. Ende März treffen zwei Frosteinbrüche einzelne Parzellen hart, aber insgesamt halten sich die Schäden in der Gironde in Grenzen.
Der bis dahin ansonsten sehr milde Winter 2020 beschleunigt den Austrieb in der letzten Märzdekade: Er beginnt fast 2 Wochen früher als normal.
April
Sehr mild (höchste durchschnittliche Temperaturen für April seit 1920). Wenig Niederschläge bis zum 16. April, danach fast täglich. Im Weinberg: Mitte April mehrere Gewitter, darunter ein sehr heftiges am 17. April, mit Hagel im Entre-deux-Mers-Gebiet, Côtes de Bordeaux, rund um Saint-Émilion und in der Region Sauternes. Die Schäden sind erheblich, aber geographisch sehr begrenzt.
Mai
Sonnig und sehr mild, dennoch ist dieser Monat in den ersten 13 Tagen von starken Regenfällen geprägt. Im Weinberg: Die teils sintflutartigen Regenfälle überschwemmen einzelne Parzellen und erschwerten den Zugang erheblich. Falscher Mehltau trat auch in diesem Jahr aggressiv auf. Die Rebblüte setzte mehr als 2 Wochen früher als normal, um den 20. Mai herum, ein. Die Witterungsbedingungen erlaubten jedoch eine gleichmäßige Blüte und einen raschen und regelmäßigen Fruchtansatz.
Juni
Häufige und reichliche Regenfälle bei wenig Sonnenschein machen den Juni zu einem schwierigen Monat. Im Weinberg: Auf den Regen zu Beginn des Monats folgten heiße und trockene Tage, die ein gutes Wachstum von Reben und Trauben förderten. Die trockenere Periode von Ende Juni bis Anfang August trug zur Erholung des Weinbergs bei.
Juli
Der Sommer startet mit 24 heißen Tagen (>25°C) und 12 sehr heißen Tagen (>30°C). Am auffälligsten ist der Mangel an Regen. Im Weinberg: Wie die Blüte, so setzte auch der Farbumschlag früh ein und die ersten farbigen Beeren erschienen Mitte Juli, bis sich das Phänomen um den 20. Juli herum verbreiten konnte.
August
Die Durchschnittstemperaturen liegen erneut über der Norm. Im Weinberg: Anfang August haben alle Trauben die Farbe verändert, unter teils sengender Hitze, aber ohne Anzeichen von Trockenstress, außer auf den jüngsten Parzellen. Niederschläge Mitte August reduzierten den auf einigen Parzellen beobachteten Wassermangel und führten zu Ertragssteigerungen auf anderen Parzellen. Kurz vor dem 15. August wurden die ersten Trauben zur Crémant-Herstellung geerntet sowie Sauvignon Gris und Sauvignon Blanc auf den frühreifenden Terroirs, gefolgt von blauen Trauben zur Herstellung frischer Roséweine bis Ende August.
September
Auf eine außergewöhnlich sonnige erste Monatshälfte folgt Regen, der nahezu bis zum Monatsende anhält. Im Weinberg: Große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht ermöglichen eine gute phenolische Reife und damit eine optimale Entwicklung der Aromen. Strahlender Sonnenschein lässt die Beeren reifen und garantiert eine gute Entwicklung der Anthocyane (blauen Farbstoffe). Das herrliche Spätsommerwetter erlaubte es, eine optimale Reife der einzelnen Parzellen abzuwarten. Obwohl die Lese früh begann, verliefen die Vorbereitungen trotz Corona-Einschränkungen und höchster Vorsicht in den Weinleseteams ruhig. Im Ergebnis zeigt sich ein gutes Gleichgewicht zwischen Alkoholgehalt, Säure und Tanninen. Die Lese startete um den 5. September mit den Merlot-Trauben, der am frühesten reifenden Rebsorte, um sich ab dem 14. September auf die Cabernet-Sorten auszuweiten. Die überwiegende Mehrheit der Winzer erklärte die Weinlese zum 30. September für beendet.