Wein(h)nacht im Glas – Tipps zum Fest
Weinwissen
Februar 27, 2017

Wein(h)nacht im Glas – Tipps zum Fest

Ja, es ist schon wieder Weihnachten in ein paar Tagen, und das ist schön! Gänsebraten und Gesang, besinnliche Stunden bei Kerzenschein, endlich Zeit für ein gutes Buch, draußen rieselt (hoffentlich) leise der Schnee und die bucklige  Verwandtschaft kann man sich ja schön trinken. Nur mit was? Zum Fest soll es ja gerne was ganz Besonderes sein. Weil wir aber das ganze Jahr über gute Weine trinken, können wir an dieser Stelle gelassen bleiben und in aller Ruhe ein paar passende Festtagsweine zum Festtagsschmaus probieren.

Nun hat aber jede Familie ganz eigene Riten und Festtagsspeisen, gerade am Heiligen Abend selbst: vom Kartoffelsalat mit Wiener Würstchen bis zum gebeizten Lachs mit Toast oder Rösti spannt sich der Bogen, im Norden gibt es gerne auch Sülze mit Bratkartoffeln oder Karpfen, in manchen Familien wird Raclette-Käse geschmolzen. Das Fondue aus den Siebziger Jahren ist auch zurück, es baden Garnelen, Rindfleisch, geschnitztes Gemüse (und neuerdings auch Tofu) in knisterndem Öl, in duftender Brühe.

Als eleganter Weißwein für jede Gelegenheit habe ich den 2013 Château Mont-Pérat – Blanc geöffnet, ein Cuvée aus Sauvignon Blanc, Semillion und Muscadelle, duftig und von feiner Würze, dabei frisch am Gaumen und in der Nase blumig, grasig, mit Pfirsichfrucht, Zitrone. Im Mund dann ein seidig-saftiges Vergnügen, mineralisch-frisch mit einem Hauch von Holz. Mit 9-12 Grad kühl serviert, funktioniert dieser Wein tatsächlich besonders gut zu Fisch und Meeresfrüchten, lässig begleitet er aber auch Fleischpasteten und Terrinen, er kommt großartig mit Schärfe und asiatischen Aromen zurecht. Und nicht zuletzt, machte er auch solo eine gute Figur!

Beim Rotwein gibt es,

zumindest aus Küchensicht, zu Weihnachten ein tief sitzendes Missverständnis. Schon mein Vater pflegte zu Weihnachten, insbesondere zum Gänseschmaus, schwere Rotweinbomben und komplexe Meditationsweine aus seinem Keller zu servieren, jahrelang lagerten die Weine dort, gleich neben der Sauna und unter Bedingungen, die gestandene Weinkenner in Tränen ausbrechen ließen. Im Ergebnis hatte es die Gans schwer, neben so viel Holz im Glas und dem Geruch von vergorenem Dörrobst mit schwerem Tabak, würzigen Kräutern und des Öfteren leider auch einem Hauch Kork. Seit ein paar Jahren mache ich gute Erfahrungen mit leichteren und jüngeren Rotweinen, die als perfekter Begleiter zur Weihnachtsgans funktionieren – gerade wegen ihrer Frische und Jugend, erfrischender Säure und Frucht.

Ein solcher Wein ist beispielsweise der 2011 Château Haut-Beauséjour, Saint-Eséphe, ein klassischer, komplexer Bordeaux (aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Petit Verdot und Malbec) zum guten Preis. Mit fein ausbalancierter fruchtiger Würze (Cassis, Kirsche, Lakritz), angenehmer Säure, tiefrot im Glas. Der Wein lässt das knusprig-fette Geflügel formidabel schwimmen, begleitet auch das Rotkraut und die dunkle Sauce perfekt, ohne mit dem Gericht in Konkurrenz zu treten. Davon öffnet man dann gerne auch mal eine zweite Flasche, um gemeinsam aufs schöne Fest anzustoßen. Wirklich wichtig ist beim Rotwein die Trinktemperatur, gerne wird er zu warm serviert. Gerade an Weihnachten stehen die Weine ungekühlt in den manchmal wirklich tropisch beheizten Wohnungen. Gerade dann also dürfen Rotweine durchaus für ein Stündchen in den Kühlschrank, um später bei 14-16 Grad Trinktemperatur serviert zu werden.

Eine andere gute Empfehlung wäre der 2010 Cru Bourgeois Château Lestage, Listrac-Médoc dessen fruchtige Noten (Rote Johannisbeeren, Brombeeren) sich mit einem Hauch Leder und Lakritz zusammentun, harmonisch gereift, mit sanftem Charakter. Auch dieser Wein geht trefflich zur Gans. Er empfiehlt sich aber auch zur Paté mit Brioche, zur Landterrine, zu Käse, insbesondere zu Blauschimmelkäse.

Obwohl, na klar, gerade zu Paté, Toast und Brioche, zu gereiftem Hartkäse, zu Blauschimmelkäse, empfiehlt sich natürlich auch der Klassiker, ein guter Sauternes! Das ist immer ein perfect match, ein großes Vergnügen! 

Hier sei beispielhaft der fabelhaft frische, komplexe 2010 Sauternes vom Château Lamourette empfohlen, ein kräutrig-fruchtiger, edelsüßer Wein mit exotischen Fruchtanklängen wie Ananas und Mango, aber auch herbe Quitte und getrocknete Aprikose, ein Hauch rohe Mandel, Orangeat, Honigsüße, dennoch exellent balanciert mit feiner Herbe – ganz toll. Der Château Lamourette ist auch ein perfekter Begleiter zu feinen Desserts, er harmoniert insbesondere mit Apfel und Marzipan, mit Ananas, Birne und Banane. Vielleicht nicht ganz so bekannt, wie die üblichen Süßwein-Pairings: Sauternes begleitet auch Räucherfisch ganz formidable und es lohnt auch, mal einen gut gekühlten Sauternes zu luftgetrocknetem, aber jungem Schinken zu servieren, der hauchdünn aufgeschnitten sein sollte – grandios!

Und weil ja Weihnachten ist, wünsche ich euch jetzt schon mal ein besonders genussvolles Fest mit meinem Zweierlei vom Sauternes-gebeizten Lachs!

Bon Appetit und fröhliche Weihnachten!

Zweierlei vom mild gebeizten Sauternes-Lachs

für 6-8 Personen

  • 1 Lachsseite, ca. 1 kg, entgrätet, auf der Haut

  • 4 EL Sauternes

  • 40 g Salz

  • 60 g brauner Zucker

  • 1 Bio-Orange

  • 1 Bio-Zitrone

  • Olivenöl

  • einige Zweige Fenchelgrün und Dill, etwas Schnittlauch

  • 150 g Crème Fraîche

  • 1 TL Dijon-Senf

  • Zitronensaft

Zubereitungszeit: 30 Minuten (+ 24 Stunden Beiz- und Kühlzeit)

Lachs kalt abspülen, mit Küchenpapier trocken tupfen und die Fleischseite mit Sauternes einreiben. Salz mit braunem Zucker mischen. Orange und Zitrone fein abreiben, Abrieb unter das Salz –Zucker-Gemisch rühren und über die Lachsseite verteilen. Zugedeckt im Kühlschrank 24 Stunden beizen. Entgegen anders lautender Gerüchte, muss der Fisch dabei nicht mit Wackersteinen beschwert und/oder mehrfach gewendet werden – ganz zart sucht sich das Aroma der Beize ihren Weg wie von selbst.

Den fertig gebeizten Lachs unter kaltem Wasser abspülen, trocken tupfen und von der Haut schneiden. Das gehäutete Lachsfilet der Länge nach halbieren, das dickere Stück mit etwas Olivenöl einreiben und in den frisch geschnittenen Kräutern wälzen. Das, sich zum Bauchlappen verjüngende Stück der Lachsseite, ist kräftiger gebeizt (weil dünner). Dieses Stück fein würfeln und mit Crème Fraîche, Dijon-Senf und einem Spritzer Zitronensaft zu einem Tatar verrührt, leicht salzen. Das Filetstück im Kräutermantel vor dem Servieren in 2 cm dicke Scheiben schneiden und dann mit dem Tatar servieren – Salat und Baguette dazu und ein Glas Château Mont-Pérat Blanc oder eben ein Glas vom 2010 Sauternes vom Château Lamourette.

Jetzt ist wirklich Weihnachten!

 Von: Stevan Paul

1969 geboren, verbrachte Kindheit und Jugend am Bodensee, seit über zwanzig Jahren lebt er nun schon in Hamburg. Der gelernte Koch ist Autor zahlreicher Kochbuchbestseller, schreibt als freier Journalist kulinarische Texte und Reisereportagen für Zeitschriften und Magazine, ist Radiokolumnist. Auf www.nutriculinary.com betreibt Stevan Paul eines der meistgelesenen Genuss-Blogs im deutschsprachigen Raum.

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