Überraschend rosa – Eine Hommage an die Rosé-Weine aus dem Bordelais
Weinwissen
August 10, 2016

Überraschend rosa – Eine Hommage an die Rosé-Weine aus dem Bordelais

Sandra Junker klärt auf, dass Bordeaux-Weine eben nicht nur rot, schwer und teuer sind. Rosé-Weine und Clairets aus dem Bordelais sind frisch und fruchtig, und es gibt viel über sie zu lernen!

Das allgemeine Bild des Bordelais ist klar: Rot, teuer und anstrengend. Nicht nur in den  roten und weißen Appellationen hat die junge und sehr umtriebige Winzerschaft kräftig mitgemischt, sondern vor allem in den Appellationen Bordeaux Rosé und Clairet. In Anbetracht der Tatsache, dass Bordeaux knapp 8500 Produzenten hat und der Roséanteil auf nur 2 Prozent fällt, entsteht der Eindruck, die Auswahl wäre übersichtlich. So farbenfroh und abwechslungsreich wie die Landschaft des Bordelais sich zeigt, so nuancenreich und stilistisch breitgefächert sieht man sich einer Auswahl an Roséweinen im betreffenden Warenhaus gegenüber.

Dabei gibt es keinen Anlass zum zögerlichen Zugreifen, denn man kann qualitativ kaum falsch liegen, was mitunter  an der Herstellungsmethode liegt. Einzig und allein Vorlieben bezüglich Frucht, Würze und Mineralität oder anders gesprochen: Süffigkeit oder Komplexität beeinträchtigen das Zugreifen.

Wie finde ich also meinen Typus? Und was verraten Rebsorten auf dem Etikett oder Farbe?

Die Antwort liegt in der Herstellung und der Zusammensetzung der Rebsorten. Im Prinzip schlagen die Winzer zwei Fliegen mit einer Klappe,  wenn es darum geht, einen Rosé zu produzieren. Es ist das Resultat der Konzentration eines Rouge. Will heißen, während der Rotweinproduktion werden ca. 10 Prozent des Mostes während  der Fermentation abgezweigt. Wobei die Mazeration im Vorfeld unterschiedlicher Dauer zugrunde liegt. Von 4 Stunden bis 2 Tagen ist alles möglich. Je länger die gequetschten Beeren mit dem Saft im Kontakt bleiben, desto intensiver wird die daraus extrahierte Farbe. Sie liegt bei den allermeisten roten Sorten ausschließlich in der Schale. Wie bei den  roten Bordeaux, kommen auch hier die klassischen Sorten zum Einsatz. Hauptsächlich Merlot und Cabernet Sauvignon mit etwas Cabernet Franc. Jede Sorte hat ihre Eigenschaften, die sie als Rosé prägt. In den allermeisten Fällen wird Cabernet verwendet. Er sorgt für intensiv beerige Aromen, guter Säurestruktur und einer ausgeprägten Würze. Zudem liefert die Sorte eine schöne Farbgebung, die von hellen bis intensiven Lachstönen reicht. Merlot liefert saftige, weiche Weine mit reiferen Fruchtnoten. Oft wird auch gemischt, um beide Charakteren zu vereinen. Sollten die Schalen dieser Sorten tatsächlich mehr als 12 Stunden mazerieren, so erhält man einen Clairet. Den Begriff „Clairet“gibt es schon sehr lange in Bordeaux. Ursprünglich gemeint waren die damaligen sehr hellen und klaren Rotweine aus dem  18. Jahrhundert, die sich aus roten wie weißen Trauben zusammen setzten und wesentlich kürzer auf der Maische standen. Das Ergebnis war ein leichter Bordeaux Rouge mit wenig Substanz. Heute stellt dieser Wein eine eigene Appellation dar. Er zeichnet sich durch eine sehr intensiv dunkle Farbe aus, mit kräftigen, fruchtgeprägten Bukett. Bisweilen sind auch leichte Tannine zu spüren, allerding nicht unangenehm, sondern eher anregend.

Warum also zu einem Bordeaux-Rosé oder Clairet greifen? 

Für mich liegt das auf der Hand. Das Anbaugebiet ist prädestiniert für „ genies in a bottle“ Bouteillen, die sich durch eine geniale Balance zwischen Frucht, Körper, Säure und Alkohol auszeichnen. Es gibt viel gepimpte Rosé, die außer einer fast aufdringlichen Fruchtigkeit nicht viel reißen. Seit einigen Jahren erscheint zudem mit jedem neuen Jahrgang ein Booklet, das der Fachverband der Bordeaux Weine initiiert hat. Ziel dieser Aktion ist es eine übersichtliche Auswahl an Weinen an die Hand zu geben, die eine besonders gute Preis-Leistung darstellen und typisch für ihre jeweilige Appellation sind. So zum Beispiel der 2015 Château Borie de Noaillan Rosé der Familie Doublet, die jedes Jahr mit ihren Weinen vertreten ist. Ein wunderbar fruchtig-würziger Vertreter eines nicht allzu schweren Rosés. Geradezu endeckenswert ist Château Penin mit seinem schon fast legendären Clairet. Der 2015er präsentierte sich mit einer kräftigen Farbe, die fast schon rot-violet ins Glas fließt. Expressives Bukett mit beerigen Noten und würzigem Finish. Allesamt äußerst genussvolle Weine, die gerade in dieser Jahreszeit universal einsetzbar sind. Insbesondere die kräftigeren Rosé und Clairets sind ideale Barbecue Begleiter.

Also – nicht scheuen, durch die rosérote Flasche zu schauen und den Inhalt bis auf den letzten Tropfen zu entdecken!

Von: Sandra Junker

Sandra Junker wuchs idyllisch zwischen  den Weinbergen des Mosel-Saar-Weingebiets auf und entdeckte bereits früh ihre Liebe zum Wein. Während ihres Diplom-Studiums an der Sommelier-Schule in Washington D.C. und San Francisco, fing sie an sich für die Weine des Bordelais zu begeistern und vertiefte ihr Wissen bezüglich dieses Gebiets. Trotz oder vielleicht gerade wegen langjähriger Arbeit als Tutorin für den CIVB, ist sie überzeugt von den hervorragenden Weinen und der traumhaften Landschaft von Bordeaux.

O-Ton Sandra: „It’s pure passion.“

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